Weltbild und Hugendubel bringen einen E-Reader für 59 Euro auf den Markt – 40 Euro günstiger als Amazons Kindle. Die Buchhändler wollen sich der US-Konkurrenz nicht kampflos geschlagen geben.
Vor einer Woche präsentierte Amazon sein erstes Tablet sowie neue preisgünstige E-Reader – von denen zumindest einer zum Niedrigpreis von 99 Euro auch in Deutschland angeboten wird. In den USA kostet das selbe Gerät (Update: in der hierzulande nicht verfügbaren werbefinanzierten Variante) gerade mal 79 Dollar – umgerechnet nur knapp 60 Euro.
Die Strategie des umtriebigen Internetkonzerns ist offensichtlich: durch kontinuierliche Preissenkungen eine steigende Zahl von Konsumenten an das Thema E-Reader heranführen und anschließend an das eigene Ökosystem binden.
In diesem Artikel beschrieb ich, wie durch die wachsenden Ökosysteme der mächtigen US-Unternehmen wie Amazon, Google, Apple und Facebook deutsche Medienunternehmen vor einem weitreichenden Bedeutungsverlust stehen.
Der Ruf nach dem “Volks-E-Reader”
Auch wenn die Gefahr besteht, dass der Zug für hiesige Verlags- und Buchhandelsriesen bereits abgefahren sein könnte, ist ein kampfloses Aufgeben für die meisten Anbieter sicherlich keine Alternative. Gleichzeitig aber kommt ein Ignorieren der durch die Digitalisierung angetriebenen Marktveränderungen auch nicht mehr länger in Frage. Leser Oliver Springer wunderte sich in diesem Kommentar verständlicherweise, wieso die BILD-Zeitung nicht schon längst einen “Volks-E-Book-Reader” lanciert hat.
Weltbild und Hugendubel verkaufen E-Reader zum Kampfpreis
Diese Rolle könnte nun Deutschlands größter Buchhändler Weltbild übernehmen: Zusammen mit der Buchhandelskette Hugendubel bringt das Unternehmen aus Augsburg einen E-Reader zum konkurrenzlosen Kampfpreis von 59,99 Euro auf den Markt - ganze 40 Euro günstiger als Amazons neuer Kindle. Das von Trekstor gefertigte 7-Zoll-Gerät mit LCD-Farbdisplay bietet über den Weltbild-E-Book-Laden Zugriff auf 120.000 Titel.
Bei dem vorerst in sechsstelliger Auflage produzierten Gerät handelt es sich wenig überraschend nicht um einen Luxus-E-Reader, zumal es ein lesefreundliches E-Ink- oder E-Paper-Display vermissen lässt. Dennoch: Je weniger Geld Verbraucher für den Erstkontakt mit dieser neuen Art des Bücherkonsums auf den Tisch legen müssen, desto eher sind sie zu diesem Schritt bereit.
Zumal ein E-Reader eigentlich auch gar nicht viel mehr können muss, als digitale Lektüre mit möglichst langer Batterielaufzeit darzustellen und über einen integrierten Shop anzubieten. Die Unterstützung verschiedener Formate sowie Übertragungswege dürfte vor allem für diejenigen wichtig sein, die sich nicht an einen E-Book-Händler binden möchten. Mit EPUB, PDF, TXT, FB2 und Adobe DRM ist der Weltbild eBook Reader 3.0 laut Produktbeschreibung gut dabei, bringt allerdings kein WLAN-Modul mit. Die Übertragung läuft per USB-Kabel.
“Auf dem E-Book-Markt werden bald nur noch sehr wenige Player aktiv sein: Amazon, Google, Apple, Thalia – und wir”, zitiert die Financial Times Deutschland Weltbild-Geschäftsführer Carel Halff. Zumindest mit den ersten Drei dürfte er recht haben. Konkurrent Thalia verkauft die günstigste Variante seines besser ausgestatteten E-Reader Oyo seit kurzem für 99 Euro statt 139 Euro.
Angeblich möchte Weltbild noch in diesem Jahr auch ein eigenes Tablet nachschieben.
Die Preise werden weiter sinken
“Was passiert mit Büchern, wenn der Kindle gratis angeboten wird”, fragt Mathew Ingram beim US-Blog GigaOm und spielt anschließend verschiedene Szenarien durch, wie kostenfrei abgegebene E-Reader die Buchbranche und die Einkommen für Autoren verändern könnten. Seine Prognose erscheint realistisch: Die Preise für E-Reader werden weiter fallen und sich eines Tages auf einem sehr niedrigen Niveau nahe Null einpegeln – dann womöglich mit einer integrierten Werbevermarktung oder einem Abo-Modell.
Mit ihrem neuen Kampfpreis setzen Weltbild und Hugendubel zwei Zeichen: Sie wollen sich Amazon (und Google) nicht kampflos geschlagen geben. Und: E-Books, nicht Print-Titeln, gehört die Zukunft. Selbst wenn man sich diesen Wandel gerne erspart hätte.
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